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Projekt

Das
Projekt

KAGfreiland startet das Projekt HAS IM GRAS.

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KAGfreiland startet das Projekt HAS IM GRAS.

Kaninchen ins Freiland

Die meisten Hauskaninchen fristen heute noch ein kurzes Dasein in Hallen oder Käfigen bei intensiver Mast. Dabei sind sie von Natur aus soziale Tiere, die viel Bewegung brauchen und einen Grossteil ihres Nahrungsbedarfs mit Raufutter decken. Kaninchen liefern ein gesundes und schmackhaftes Fleisch; die Tiere sind sehr fruchtbar und können kleinere Grünflächen sinnvoll beweiden.

KAGfreiland engagiert sich seit vielen Jahren für eine artgerechte Kaninchenhaltung. Nachdem sie bereits 2005-2010 verschiedene Haltungsformen im Freiland erprobt und 2011 mit der Kampagne Stop Käfigfleisch eine Deklarationspflicht für importiertes Kaninchenfleisch erwirkt hatte, nahm sie das Thema 2017 wieder auf.

Im Rahmen des Projektes Has im Gras entwickelte KAGfreiland zusammen mit der Hochschule für Agrar- Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL, einem Ingenieur und Freiwilligen ein mobiles Haltungssystem, das eine Gruppenhaltung im Freiland von jeweils 34 Mastkaninchen ermöglicht. Das System ist vergleichbar mit mobilen Ställen für Hühner, verfügt über einen grosszügigen Weideauslauf und ist gemäss den Bedürfnissen der Tiere eingerichtet. Um praxistauglich zu werden, musste die Konstruktion bezahlbar und arbeitswirtschaftlich rentabel sein. Die Entstehung der Has im Gras-Anlage und die bisherigen Erfahrungen damit sehen Sie unter hier (Aktuell).

Das System wurde im Frühjahr 2018 gebaut und anschliessend auf einem Biobetrieb in Baselland getestet. 67 ZIKA-Hybrid-Jungkaninchen wurden in zwei Durchgängen während jeweils neun Wochen aufgezogen, sämtliche Produktionsdaten erfasst und die Tiere über Webcams beobachtet. Die Kaninchen hatten täglich Weidegang und erhielten Heu, Stroh und Kaninchen-Spezialfutter nach Belieben. Der Weideauslauf wurde wöchentlich verschoben, um stets frische Weide anzubieten und den Krankheitsdruck gering zu halten. Auf den üblichen Medikamentenzusatz gegen Kokzidiose wurde verzichtet. Die Daten wurden anschliessend auf Tiergerechtheit, Praxistauglichkeit und Wirtschaftlichkeit ausgewertet.

Die Ergebnisse waren positiv, alle Tiere blieben gesund und ihre Mastleistung konnte mit der herkömmlichen Bodenhaltung mithalten. Die Tiere gewöhnten sich sofort ans Grasfressen und an die frische Luft und konnten ihr arttypisches Verhalten ausleben. Der Stall bewährte sich in der täglichen Bewirtschaftung. Nur der Elektrozaun, der wöchentlich verschoben werden musste, war noch wenig effizient zu bedienen. Die Vermarktung gelang zu ansprechendem Preis an DirektkundInnen der Tierhalter, an ein Restaurant und an KAGfreiland-Mitglieder über die Geschäftsstelle. Mit der Optimierung des täglichen Handlings bestand die Aussicht, einen wirtschaftlichen Betrieb der Anlage zu erreichen.

Die guten Ergebnisse motivierten KAGfreiland, das Projekt weiter zu verfolgen. 2019/20 wurden fünf weitere Mastgruppen in der Has im Gras-Anlage aufgezogen. Zwei Mastdurchgänge mit ZIKA-Hybriden auf einem KAGfreiland-Betrieb im Thurgau begannen erfolgreich, die Arbeitsaufwände konnten vermindert und gute Mastleistungen erreicht werden. Bei extremer Hitze im Frühsommer 2019 kam es jedoch zu einem Kokzidioseausbruch mit erheblichen Tierverlusten, der ein Überdenken der Versuchsanlage erforderte. Eine extensivere Haltung mit robusten Jungtieren aus Bio-Freilandhaltung war angezeigt. Dies konnte der Bio-Kaninchenzüchter Martin Kunz in Frick AG bieten. Die Has im Gras-Anlage wurde daher im Herbst in den Aargau zu einem privaten Kaninchenhalter gezügelt. Nach erneuten Krankheitsfällen mit konventionellen Jungtieren konnte im Dezember erstmals eine Gruppe von Bio-Kaninchen aufgezogen werden. Die Tiere aus Gebrauchskreuzung verschiedener Fleischrassen wuchsen zwar langsamer als die konventionellen ZIKA-Hybriden, blieben aber gesund und erreichten mit weniger Kraftfutter gute Schlachtgewichte.

Die Vermarktung des Fleisches gelang erneut gut; auf dem KAGfreiland-Betrieb ging ein Drittel des Fleisches an DirektkundInnen; über die KAGfreiland-Geschäftsstelle konnten ein Bioladen, zwei Restaurants, eine Bio-Metzgerei und einige Einzelkunden zu einem attraktiven Preis bedient werden.

Vom geplanten Bau eines eigenen Zuchtstalls wurde abgesehen, da mit der Bio-Zucht von Martin Kunz ein passender Partner gefunden wurde. Die Zahlen zur Wirtschaftlichkeit ergaben, dass mit dem Has im Gras-System die Kosten gedeckt werden, sofern mindestens das Bio-Preisniveau erreicht wird. Dies bedingt allerdings, dass ein Label erworben wird. Zudem muss die Anlage amortisiert werden, und der Aufwand für Betreuung, Schlachtung und Vermarktung ist gross im Vergleich zum möglichen Erlös aus den 34 Kaninchen mit total rund 50 Kilogramm Schlachtgewicht. Potential für Kostensenkungen bleibt wenig. Um einen angemessenen Stundenlohn zu erreichen, wäre ein erheblich höherer Fleischpreis nötig, der am Markt schwerlich zu realisieren ist. Die Freiland-Kaninchenhaltung im Has im Gras-System bleibt daher wohl Liebhabersache. In diesem Bereich ist sie immerhin ein Fortschritt für das Tierwohl und macht Freude beim Betrieb. Ob sie auch mit einem grösseren Tierbestand gelingen könnte, wäre weiter abzuklären.

Nach einem fünften Mastdurchgang bis Ostern 2020 wird das Projekt abgeschlossen. Die Erkenntnisse werden in Form eines Berichts interessierten Tierhaltenden zur Verfügung gestellt.